ein neuer Bericht für die Runde!
So liebe Gemeinde,
Innenspiegel, Außenspiegel, Schulterblick und los geht ins Tal der Hinterreifenvernichtung. Wie einige von euch vermutlich schon dem Titel entnommen haben, dreht sich dieser Bericht um ein Coupé aus der aktuellen Baureihe des 4er BMW. Natürlich und freundlicher Weise (gegen eine Bezahlung) zur Verfügung gestellt von der orangenen Autovermietung.
Begonnen hat das Abenteuer mal wieder zu unschönen Uhrzeiten. Warum mir dieser Fehler jedes Mal wieder passiert, bleibt nach wie vor ein Rätsel. Zu absolut unmenschlich frühen (zumindest für den durchschnittlichen Studenten/mich) Zeiten, sagen wir mal 8 Uhr, riss mich der Wecken aus wunderschönen Träumen, da in Hamburg ein Auto auf mich warten sollte. In der App war schon ein schwarzer 4er BMW hinterlegt. Also fix raus aus dem Bett, die für Informatiker durchaus unübliche Dusche kurz von innen gesehen und schnell auf die Socken gemacht. Kurzer Zwischenstopp im Corona-Schnelltest-Zentrum, einmal im Hirn rumrühren lassen, 15min später das negative Testergebnis bekommen und von nun an stand einem schönen Wochenende nichts mehr im Wege. Außer die deutsche Bahn. Aber naja, nützt ja nichts. App auf, Ticket für den ICE gebucht, App zu, Sitzplatzreservierung vergessen, App auf, Sitzplatz gebucht, App zu und ab aufs (oder eher ans) Gleis. Pünktlich stand der ICE vor mir, sogar in richtiger Wagenreihung.
Eine Vorlesung (1,5h) später fand ich mich dann endlich am Hamburger Hauptbahnhof wieder, von wo aus es dann per S-Bahn fix zum Flughafen ging. Dort prompt verlaufen, es aber dennoch zu Sixt geschafft. Das Navi hätte an dieser Stelle gesagt „Sie haben ihr Ziel erreicht“, doch es fehlte noch der Schlüssel in meiner Hand. Das Gespräch am Counter verlief dann kurz. Auf die typische Nachfrage meinerseits (an dieser Stelle mal angemerkt, dass ich mich selbst für einen durchaus nervigen, aber sehr lustigen und freundlichen Kunden halte) was denn „noch so schönes“ da sei, wurde mir ein A7, der M4 und ein M8 „der hat über 600PS“ Cabrio angeboten. Daraufhin waren die Sixt-Mitarbeiterin und ich in einer „Aber der hat über 600PS“ – „Aber der ist ein schweres Cabrio“ -Endlosschleife gefangen. Nach ein paar Runden griff dann wohl ihr Debugger ein und sie meinte lachend „Dann doch den M4?“. Zwei Klicks später stand dann auch ein Preis fest, der nochmal eine Ecke günstiger war als der, der mir im Vorfeld per Telefon mitgeteilt wurde. Bei der Erklärung wie ich den Parkplatz finden würde, habe ich mir kurz gewünscht, ich sei in Hannover am Flughafen, aber ihr Tipp „einfach dahin laufen, wo es orange ist“ war dann doch ziemlich gut.
Im Parkhaus angekommen ging es dann auch direkt an den Check-in in den M4. BMW-Account verknüpft, Schäden geprüft (ein kleiner Steinschlag den ich nicht finden konnte), ein Blick auf die Reifen. Michelin Pilot Sport 4S* (*spezielle BMW-Mischung) in Form von 275ern vorne und 285ern hinten. Das verspricht schonmal eine Menge Spaß! Dann Zündung an, Tür auf, Motor starten und tada, halb Hamburg war spätestens jetzt wach. Der Wagen lässt direkt verleuten, dass er die Angelegenheit ziemlich ernst meint. Spätestens beim kalten Anfahren lässt er das einen auch spüren. Noch an das Butterweiche anfahren vom E-Tron gewöhnt streichelte mein rechter Fuß das Gaspedal. Der M4 (oder das Getriebe) interpretierte das eher so: „Du willst los? DU WILLST LOS? ALLES KLAR!! ES! GEHT! LOOOOS!“. Diese Finte wurde durch meine linken Fuß aber gekonnt mit einer Vollbremsung gekontert. Und so blieb ich da dann ca 1m aus der Parklücke gefahren mit kurz quietschenden Reifen stehen. Peinlich, peinlich. Und das Ganze wurde von einem älteren Herrn beobachtet. Der 2. Versuch verlief dann auch deutlich „gekonnter“. Fix aus dem Parkhaus geschlängelt, die Reifentemperaturanzeige ins digitale Cockpit geswippt und die Harman-Kardon-Anlage erstmal stumm gestellt, um den Motorsound genießen zu können. Der nächste Aha-Moment folge sogleich. Im Tunnel nach der Flughafenausfahrt bei 70kmh einmal hören wollen, wie der Motor so klingt. Fenster runter, Auspuff auf und das Gaspedal etwas bewegt. 20 Grad in den Reifen sollten schon passen, wenn ich ihn nicht durchlatsche. Ende vom Lied: bei gut 30-35% Gaspedalstellung begrüßte mich dann auch die Hinterachse und ließ mal ganz entspannt den Po raushängen. Augenblicklich vermeldete das eigene Popo-Meter dezenten Gegenlenkbedarf und zack schauten die Vorderräder Richtung Kurvenäußeres. Er ließ sich aber sehr angenehm wieder einfangen und mir war das Grinsen nicht mehr zu nehmen. Das anschließende Rumgeeiere bis zur Autobahn war von da an eine echte Qual. In Hamburg Auto fahren ist irgendwie echt uncool xD. Aber: hat der M4 unglaublich souverän gemeistert. Man merkt zwar zu jeder Zeit, dass man in einem Sportwagen sitzt, aber es ist nicht so, dass es unbequem, zu laut oder störend wirkt. Was man aber merkt, dass der gute selbst mit geschlossenem Auspuff auffällt. Weniger wegen der Lautstärke, sondern mehr aufgrund des Aussehens. Alle, die Hoffen, groß Blicke von dem weiblichen Teil der Bevölkerung zu bekommen muss ich an dieser Stelle leider sehr enttäuschen, es drehen sich zu gut 90% nur Männer und kleine Jungs um. Für die blicke der Damen kann ich da den E-Tron sehr empfehlen, dazu aber dann in dem entsprechenden Bericht mehr. Vorteil der Stadtfahrt: das Auto war beim Erreichen der Autobahn komplett auf Betriebstemperatur, wobei man bei den Reifen ein wenig mit dem Lenkrad nachhelfen musste.
Das „Geschwindigkeitsbeschränkung aufgehoben“-Schild konnte also kommen. Der M1-Button auf dem Lenkrad war bereits für schnelle Autobahnfahrten konfiguriert, sodass es dann auch ziemlich schnell ging bei der „Abstimmung“ des Autos. Das besagte Schild kam, der M1-Button wurde gedrückt, genauso wie das Gaspedal und der M4 lieferte. Kurz mit dem Arsch gezuckt und anschließend ging es nach vorne als gäbe es kein Morgen mehr. Bevor man sich versieht, stehen die 220 auf dem Tacho und links steht ein 330d im Weg. Also ab in die Eisen, und das kann er mindestens genauso gut wie beschleunigen. Mir persönlich gefällt die Bremse im Sportmodus deutlich besser als auf Comfort. Für ungeübte Linksbremser würde ich das aber nicht empfehlen, denn das könnte ziemlich zügig zu unfreiwilligen Zahnabdrücken im Lenkrad führen.
Den weiteren Teil der Rückfahrt nach Hannover wurde ich dann von Stau und Regen eingebremst. Also die ideale Gelegenheit Fahrassistenten und Soundsystem zu Testen. Zum Soundsystem gibt es nicht viel zu sagen. An das Burmester-System der S-Klasse kommt es nicht ran, lässt aber keine Wünsche offen, verzerrt die Höhen erst bei fast schon unschönen Lautstärken und der Bässe drückt angenehm, ohne aufdringlich zu werden. Mitten passen auch. Zu den Fahrassistenssystemen kann ich nur sagen: Top! Da macht BMW aus meiner Sicht einfach den besten Job. Das Auto kann ziemlich viel alleine, unter anderem jetzt an Ampeln anhalten, anfahren indem man den Tacho anschaut, die Rettungsgasse wird vernünftig gebildet, es gibt Empfehlungen die Spuren zu wechseln (Gruß geht raus an alle Mittelspurschleicher) und dennoch ist das Auto relativ aufmerksamkeitsbedürftig, sodass man nicht Gefahr läuft sich wirklich abzulenken.
Nun aber zurück zum Fahren, und da kann ich im Vorfeld sagen: bei dem Wagen möchte man kein Hinterreifen sein. Mit kalten Reifen ist der M4 echt eine zickige Diva, da können selbst beim normalen Anfahren schonmal kurz die Reifen eine viertel Umdrehung mehr machen als nötig wäre. Aber sobald die Reifen auf Temperatur sind, zündet ein pures Spaß-Feuerwerk. Freitagabend war es in Hannover weitgehend wieder trocken. Also die Dame, die hier irgendwie mit in der Wohnung lebt, ins Auto eingeladen und los gings. Die Grundbegeisterung war schon echt groß wurde bei einem gewünschten und mit „halt dich aber gut fest“ angekündigtem schnellen Spurwechsel durch ein Knacken und anschließende Schmerzen in ihrem Hals kurzzeitig etwas gedämpft. Bisher bin ich noch kein Auto gefahren was dermaßen kompromisslos die Spuren wechselt. Und ich habe es bis Sonntagnacht nicht ans Limit geschafft, sodass der Wagen mal auf die Idee kommt, er könne nun mal Untersteuern. Ebenso kompromisslos ist das Getriebe. Wenn die Drive-Logic (so heißt das glaube ich) in der schnellsten Stufe steht, wird der Gang halt „sehr überzeugt“ eingelegt. Anders gesagt, unter Last ist der kleine Schlag an den Hinterkopf vorprogrammiert. Teilweise gepaart mit einem kurzen zucken des Hinterteils (auch gerne mal jenseits der 150kmh) welches aber nie so ausfällt, dass man Gefahr laufen könnte die Kontrolle zu verlieren. Wer schnell fährt muss auch schnell Bremsen, und da war mein erster Gedanke „**** was passiert hier bitte?“. Bei warmen Reifen (40°C+) führte eine 250kmh auf 130kmh Bremsung bei einem Freund von mir dazu, dass ihm (laut eigener Aussage) kurz schwarz vor Augen wurde. Und ich selbst habe zumindest einen deutlich verstärken Tunnelblick war genommen. Aber nach ein paar Mal „Bremsscheiben wärmen“ hatte sich mein Körper drauf eingestellt, sodass zumindest ich mir für mich da keine Sorgen mehr gemacht habe. Kurvenverhalten ist, was auch sonst, natürlich ausgezeichnet. Untersteuern gibt’s gefühlt nicht, der gute klebt einfach brutal auf der Straße. Wenn man es unbedingt will, kann er natürlich wie jeder andere auch gewaltig über die Vorderräder schieben, aber dann wurde die Kurve vermutlich auch einfach beschissen angebremst. Im „Normalfall“ sollte untersteuern nicht häufig vorkommen. Vor allem nicht auf Landstraßen
. Gaaaaanz anders ist die Sache beim Übersteuern. Auf Wunsch sorgen die 510PS ganz fix dafür, dass die Hinterreifen sich deutlich schneller drehen als die Vorderreifen und infolgedessen sagt bei Bedarf auch das Heck hallo. Wenn man nicht vollkommen irre ist, sollte sich der Wagen aber auch im Nassen ohne Elektronik fahren lassen, was ich aber nicht empfehlen würde. Zudem blinkt es dann immer so großartig auf im Cockpit. Den Spagat zwischen „im Regen für jeden auch schnell zu fahren“ und „Ohne Waffenschein sitzt du nicht vorne links“ schafft der Wagen auf eine wundervolle Art und Weise. Die Elektronik greift merkbar, aber nicht nervig, ein, und dennoch sollte man mit dem nötigen Respekt vor dem Wagen und der Physik an die Sache rangehen. Wer das beachtet wird eine Menge Spaß mit dem Teil haben. Für die Unvernünftigen gibt’s noch den Drift-Analyser, den ich nicht groß getestet habe (ein kleiner 2,5 Sterne-Drift war aber drin) sowie eine in 10 Stufen verstellbare Traktionskontrolle (wenn das ESP aus ist). So viel vom Freitag. Von 5 Mitfahren am Freitag haben 3 um eine kurze Frischluftpause gebeten. Einer davon fährt selbst einen M140i der auf Gut 450PS gechippt wurde.
Samstag ging es dann zu einer autobegeisterten Freundin. Diesmal nicht nach Köln, da sollte die Küche kalt bleiben, sondern Richtung Schwerin. Angekündigt habe ich mich mit einem schwarzen Golf und ein wenig Gequake, dass es bei Sixt keine vernünftigen Autos mehr gab. Die Blicke als ich mit dem M4 an der Tankstelle, die als Treffpunkt ausgemacht war, aufkreuzte haben Bände gesprochen. Die Frage mit welchem Auto wir an dem Tag fahren war wortlos geklärt. Also fix ihren Wagen weggebracht und den M4 über grausamen Landstraßen im Herzen von McPom gejagt. Auch hier: hat der M4 super gemeistert. Sogar ohne dass jemand aus dem Sitz fetzt
. Ungestört Parken war quasi unmöglich, egal wo der gute Stand, mindestens einer hat davon ein Bild gemacht. Und die Nachrichten auf ihrem Handy, ob man sich das Auto mal anschauen könnte, ließen auch nicht lange auf sich warten. Die Reaktionen waren aber fast durchgehend positiv, und mir hat keiner sein Essen im Fußraum präsentiert. Was alle Beifahrer aber gemeinsam hatten: eine Menge Spaß und regelmäßig den „Was ist das bitte für ein Krankes Auto“ Blick. Kombiniert teilweise mit passenden Geräuschen. Der Wagen war am Mittwoch vor meiner Abholung erst zu Einfahrinspektion bei BMW, ich habe den mit 1600km auf dem Tacho übernommen, Ausstattung war sehr gut. Lediglich die Schalensitze oder Sitzbelüftung bei den normalen Sportsitzen hätte mich noch gefreut.
Gefahren bin ich am Wochenende 2139km (dickes Sorry an Sixt an dieser Stelle, das war so nicht geplant aber der Wagen war einfach zu geil
) und habe 11,9L/100km im Schnitt verbraucht. Die Dividende der Shell-Aktionäre dürfte damit gerettet sein. Das Fahrprofil so grob:
20% sehr sportlich bis Vmax Autobahn
30% normal Autobahn
10% sportlich auf äh privaten und abgesperrten Landstraßen
25% Landstraße
15% Stadt/Dorf und sowas
